In einem Zeitalter, in dem Urlaub in den angenehmsten Facetten möglich ist wählen Menschen zunehmend das Wandern auf sogenannten Pilgerwegen. Weshalb sich die Frage auftut, warum geht jemand den Jakobsweg und opfert seine Ferienzeit einer Reise, die beschwerlich, unkomfortabel und ziemlich einsam werden kann?
Das äußere Tun kann niemals erfüllen
Pilgern ist innere Einkehr bei sich selbst. Die Wanderung durch die Natur löst den Menschen von seinen gewohnten Konditionierungen, etwas erreichen zu müssen. Unser ganzes Leben ist auf das Schaffen ausgerichtet, weil wir nur dadurch bekommen, was wir uns wünschen. Diese Art zu leben ist unserem inneren Wesen fremd und mit zunehmendem Alter wird es immer anstrengender, gemäß der Vorgaben zu funktionieren. Die meisten Menschen wünschen sich Ruhe und Frieden, die sie in dieser Welt der Reizüberflutung nicht finden können.
Solange das Leben davon abhängt, wieviel man besitzt oder erreicht hat, – solange also das Selbstwertgefühl von den Auffassungen und Vorgaben anderer Menschen abhängt – kann der Mensch sein Leben nicht wirklich genießen. In ihm macht sich immer stärker das Empfinden einer Leere breit, der er durch weitere Aktivitäten zu entfliehen sucht.
Der Ruf der Seele
Wenn der innere Druck zu groß und die Sinnlosigkeit des rastlosen Lebens zu offensichtlich wird, fragt sich der Mensch, worum es eigentlich geht. Das Pilgern zum eigentlichen Wesen seiner Selbst beginnt. Es ist nicht wichtig zu fragen, warum geht jemand den Jakobsweg. Der Betreffende weiß es ganz intuitiv.
Wenn ein Mensch wirklichen Frieden haben will, muss er sich auf seinen physischen und psychischen Weg machen, um sein Dasein zu hinterfragen. Für viele Menschen mündet diese Erkenntnis in dem Entschluss, für eine gewisse Zeit auszusteigen, die physischen Bedürfnisse zu minimieren, um seine eigene innere Stimme wieder zu hören, die anders lenkt und leitet als die Welt. In der Hoffnung, dass etwas geschehen und sich verändern möge. Eine Möglichkeit sich die Auszeit zu nehmen, ist über eine kürzere Pilgerreise hinaus, die Planung eines Sabbaticals.
Video: 1200 Jahre Jakobsweg: Pilgern als Trend | Euromaxx
Warum geht jemand den Jakobsweg?
Als „offizieller“ Jakobsweg wird die mittelalterliche Hauptverkehrsachse Nordspaniens bezeichnet (Camino Francés), die zwischen den Pyrenäen und dem angeblichen Grab des Apostel Jakobus in Santiago de Compostela verläuft. Diese Grabstätte ist bis zur heutigen Zeit der Hauptanziehungspunkt nicht nur christlicher Pilgerfahrten. Neben dieser anerkannten Pilgerroute gibt es viele weitere Strecken in Ländern wie Spanien, Frankreich oder auch der Schweiz, die als „Wege, die von Pilgerer gegangen werden“, bezeichnet werden.
Einige Menschen folgen dem anhaltenden Trend und treffen ihre Entscheidung für eine Pilgerreise, um zu tun, was angesagt ist. Für Menschen, die sich leer und ausgebrannt fühlen und wissen, dass ihr Leben ohne Sinn ist, stellt sich nicht die Frage, warum geht jemand den Jakobsweg. Es geht um die existentiellen Fragen des Lebens:
- Wer bin ich wirklich?
- Warum bin ich hier?
- Was soll ich tun?
- Wie kann ich hier leben?
In jedem Ende liegt ein neuer Anfang
Wirkliches Leben kommt aus dem eigenen Inneren. Wenn der Mensch sein fremdbestimmtes Dasein nicht mehr erträgt und der innere Ruf stark genug ist, zieht es den Menschen hinaus in die Natur, die nichts fordert, sondern die Energien von Freude, Liebe und Versorgung schenkt. Er verlässt die menschliche Gesellschaft mit ihren begrenzenden Denkmustern und taucht in der Stille der Natur in sich selbst ein. Hier werden ihm alle Fragen beantwortet und er kehrt mit einem wachen Geist, klarer Urteilskraft und mit dem Verständnis für den Sinn seines Lebens zurück, um wirklich zu leben. Wer sich für eine Pilgerwanderung auf dem Jakobsweg entscheidet, kann auf einen Ratgeber* zurückgreifen. Dort findet man nämlich nicht nur Routen, sondern auch viele hilfreiche Tipps.
Titelbild: ©istock – lbturek